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Wege zur Suffizienz

Das Projektteam im November 2023 (v.l.n.r.: René Inderbitzin, Jeannette Behringer, Lorenz Hilty, Johannes Probst, Maike Gossen, Giulia Fontana; nicht anwesend auf dem Foto: Wiktoria Furrer & Leonard Creutzburg).

Inhalt

Projekt

Dieses von der Hamasil Stiftung geförderte Projekt eröffnet den strategischen Projektbereich Suffizienz des ZKSD. Laufzeit 1. Juni 2022 bis 30. Mai 2024.

Trotz weltweiter Bekenntnisse zum Klimaschutz steigt der Ausstoss von Treibhausgasen weiter an, zudem geht die Biodiversität auf der Erde weiter zurück. Eine nachhaltige Gesellschaft wird nur erreichbar sein, wenn der Einsatz erneuerbarer Energien und effizienterer Technologien nicht durch Zunahme des Konsums kompensiert werden. Auch die digitalen Technologien, deren Energieeffizienz sich ungefähr alle eineinhalb Jahre verdoppelt, haben nicht zu einem Rückgang des Energie- und Rohstoffverbrauchs in absoluten Zahlen geführt.

Das Leitbild der Suffizienz sucht nach Formen des Wohlergehens, die nicht auf Wachstum des materiellen Konsums beruhen. Ziel des Projekts ist es, eine Workshop-Methode zu entwickeln, die Teilnehmende inspiriert und unterstützt, Schritte in Richtung Suffizienz zu gehen.

Prof. Dr. Lorenz Hilty
UZH (Projektleitung)
E-Mail

Dr. Jeannette Behringer
UZH (Projektleitung)
E-Mail

Prof. Dr. Wiktoria Furrer
FHNW
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René Inderbitzin
UZH
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Dr. Leonard Creutzburg
UZH (Beratung)
E-Mail

Giulia Fontana
UZH
E-Mail

Johannes Probst
UZH
E-Mail

Dr. Maike Gossen
TU Berlin
E-Mail

Beitrag zu den SDGs

SDG 13 – Massnahmen zum Klimaschutz
Durch die Suffizienz-Workshops sollen die Teilnehmenden Wege finden, ihr Leben auf individueller Ebene „ressourcenleichter“ zu gestalten und zugleich kollektiv-strukturelle Veränderungen in Richtung Suffizienz anzustossen. Verringerte Material- und Energieflüsse führen zu einer Reduktion von Emissionen und tragen so zum Klimaschutz bei.

SDG 12 – Nachhaltige/r Konsum und Produktion
Obwohl SDG 12 vor allem an Ressourcen- und Energieeffizienz orientiert ist, sehen wir Suffizienz als weiteren entscheidenden Faktor zur Erreichung dieses Ziels. Wie die Vergangenheit gezeigt hat, werden in der Produktion eingesparte Ressourcen und Energie fast immer durch den Verkauf grösserer Stückzahlen kompensiert, oft sogar überkompensiert (auch bekannt als Rebound-Effekt, Backfire-Effekt oder Jevons-Paradox). Dadurch steigen der absolute Ressourcen- und Energieverbrauch und damit die Umweltbelastung trotz Effizienzsteigerung weiter an. In einer Welt, in der weniger konsumiert würde, müssten viele Güter gar nicht erst produziert werden.

SDG 3 – Gesundheit und Wohlergehen
Das SDG 3 wird meistens im Kontext des globalen Südens und den dortigen grossen Herausforderungen im Gesundheitssektor gesehen. Mit unserem Projekt wollen wir einen Beitrag zur Verbesserung der psychischen und physischen Gesundheit auch hier im globalen Norden leisten. Heutige Lebensstile, die sich an materiellem Wohlstand orientieren, führen oft zu Zeitdruck und chronischem Stress, was sich negativ auf unsere soziale, geistige und körperliche Gesundheit auswirkt. Suffiziente Lebensstile hingegen stellen das Wohlergehen des Menschen ins Zentrum und fokussieren auf die immateriellen Aspekte des Wohlstandes, zu denen auch Zeitwohlstand gehört.

SDG 17 – Partnerschaften zur Erreichung der Ziele
Die Suffizienz-Workshops werden mit Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, der Privatwirtschaft und der Hochschulen gemeinsam entwickelt und durchgeführt. In den Workshops werden Zukunftsvisionen diskutiert, auf heutiges Handeln bezogen und Erfahrungen mit Hindernissen und erfolgreichen Strategien ausgetauscht. Der diskursive Austausch soll auch zur Bildung und Stärkung von Partnerschaften zwischen den Akteuren beitragen.

Hintergrund

Obwohl sich 2015 fast 200 Staaten durch die Unterzeichnung des Pariser Abkommens zum Klimaschutz bekannt haben, steigt der Ausstoss von Treibhaushasen weiter an. Zudem ist die Klimaerhitzung nicht die einzige Umweltkrise unserer Zeit. Weitere dringliche ökologische Probleme sind, unter anderem, das Artensterben, die Abholzung, der Rückgang der Süsswasserreserven und der Eintrag von Schadstoffen in die Umwelt. Zudem werden viele natürliche Ressourcen stark übernutzt und neigen sich in absehbarer Zeit dem Ende zu.

Um diesen Umweltkrisen zu begegnen, wird gegenwärtig das Energiesystem auf nachhaltige Alternativen umgestellt (Konsistenzstrategie) und die Energieeffizienz in Produktion und Verbrauch wird gesteigert (Effizienzstrategie). Dies sind notwendige Beiträge zum Klima- und Umweltschutz, jedoch sind sie keinesfalls ausreichend. Wie der Climate Action Tracker (2022) zeigt, ist von den Unterzeichnern des Pariser Abkommens momentan kein einziges Land auf dem Weg, das 1.5 Grad-Ziel zu erreichen.

Effizienz- und Konsistenzstrategien sind zu wenig wirksam, da die erzielten Fortschritte normalerweise durch erhöhten Konsum und andere Kompensationseffekte zunichte gemacht werden (Rebound-Effekt, Backfire-Effekt, Jevons-Paradox). Dies hängt auch mit der Struktur der heutigen Wachstumswirtschaft zusammen, die auf einen stetig steigenden Umweltverbrauch angewiesen ist.

Deshalb ist es notwendig, Effizienz- und Konsistenzstrategien durch Suffizienzstrategien zu ergänzen, welche die Begrenztheit von Wachstumsmöglichkeiten als Teil der Realität in Entscheidungen einbringen. Auf individueller Ebene bedeutet dies, dass ein gutes Leben ohne einen ständigen Zuwachs an Ressourcenverbrauch möglich und erstrebenswert ist. Materielle Güter, die nicht nachgefragt werden, müssen erst gar nicht produziert werden, womit negative Umweltauswirkungen wegfallen. Unser Projekt will diesen Ansatz in der Gesellschaft stärken, indem es Menschen dazu befähigt, Veränderungen hin zu suffizienteren Lebensstilen umzusetzen und am Abbau struktureller Zwänge zu materiellem Wachstum mitzuwirken.

Konkret wird im Projekt eine Moderationsmethode entwickelt und erprobt, die es den Teilnehmenden ermöglicht, in ihrem Leben Veränderungen im Sinne der Suffizienz anzustossen. Es wird ein Raum geschaffen, um Zukunftsszenarien und Leitbilder zu reflektieren und zu diskutieren. Die Teilnehmenden sollen befähigt werden, ihre heutige Praxis mit ihrer eigenen Vorstellung einer wünschbaren Zukunft in Einklang zu bringen. Die Methode soll in Workshops oder Workshopserien einsetzbar und für alle Altersgruppen und Bildungsstufen geeignet sein. Sie soll auf Erfahrungen der vergangenen Jahrzehnte mit ähnlichen Methoden, wie der Zukunftswerkstatt, aufbauen. Ein starker Fokus wird auf die Motivation und das Empowerment der Teilnehmenden gelegt. Ziel ist es, sie dazu zu befähigen, von ihrer aktuellen Situation und ihren eigenen Präferenzen ausgehend individuelles und kollektives Handeln Richtung Suffizienz anzustossen.

Die Methode wird während zwei Jahren in Workshops mit verschiedenen Akteuren erprobt und weiterentwickelt. Das Hauptprodukt des Forschungsprojektes ist die Methode selbst sowie eine geeignete Form der Multiplikation (z. B. durch Publikationen), um deren Weiterverwendung und Verbreitung zu erreichen.